Dr. Slawomir Morawski

Systeme der Ein- und Abstufung der Tatschwere im Strafrecht

Ein deutsch-polnischer Vergleich

Status

Das Projekt ist abgeschlossen

Publikation

  • 231 Seiten; Berlin, 2011
  • ISBN: 978-3-86113-840-2
  • Preis: 31 EUR / 48 sFr

Im Gegensatz zum herkömmlichen Zugang zur Strafrechtsvergleichung aus der Perspektive der Mindestbedingungen der Strafbarkeit sind die strafrechtlichen Systeme der Ein- und Abstufungen der Tatschwere in den europäischen Rechtsordnungen im Rahmen rechtsvergleichender Untersuchungen noch nicht hinreichend erforscht worden. Das Defizit an Erkenntnissen in diesem Bereich, dessen Relevanz bei der Harmonisierung des Strafrechts auf EU-Ebene nicht zu unterschätzen ist, gilt insbesondere für den osteuropäischen Rechtskreis.

Gegenstand der Untersuchung war die mit dem Strafzweck des gerechten Schuldausgleichs zusammenhängende strafrechtliche Problematik der Einstufung der Schwere einer Straftat im Wege der Strafrahmenbildung im deutschen und im polnischen Recht. Im Mittelpunkt des Interesses stand allerdings nicht nur eine allgemeine Wertung der Deliktsschwere durch Festsetzung des Grundstrafrahmens, sondern das ganze, diese Wertung konkretisierende System von Abstufungen der Tatschwere (Grund- und Sonderstrafrahmen, Methoden und Kriterien des Strafrahmenwechsels).

Das Ziel der Untersuchung war die Gewinnung neuer Erkenntnisse bei der Bewertung gesetzlicher Lösungen zur Sicherstellung schuldangemessener Strafen, darunter der Methoden und Kriterien der Strafrahmenabschichtung.

Im Bereich des Allgemeinen Teils des Strafrechts hat sich ein Vergleich von Strafmilderungs- und Strafschärfungsbestimmungen in den untersuchten Rechtsordungen nicht nur wegen festgestellter Differenzen, sondern schon deswegen gelohnt, weil ein wertender Vergleich mehrerer Rechtsordungen allgemeine Folgerungen hinsichtlich der Frage ermöglicht, welche Abstufungskriterien grundsätzlich zum Regelungsbereich des Allgemeinen und welche zum Regelungsbereich des Besonderen Teils gehören. Eine klare Abgrenzung zwischen dem Allgemeinen und Besonderen Teil des Strafrechts unter diesem Gesichtspunkt ist um der Rechtssicherheit und des Schuldprinzips willen unerlässlich. Unter den Strafrahmenabschichtungskriterien des Allgemeinen Teils wurden insbesondere folgende Kriterien näher untersucht: Grad der Gefährdung eines Rechtsgutes bei der unterbliebenen Rechtsgutsverletzung, Vorliegen von Interessenkonflikten, Vorliegen von Irrtümern, Form der Straftatbegehung (aktives Tun oder Unterlassen) und Grad der Verminderung der Schuldfähigkeit.

Im Bereich des Besonderen Teils des Strafrechts wurde ein neues Modell der Strafrahmenabschichtung vorgeschlagen, das die Nachteile der schon existierenden Modelle zum Teil beseitigt. Ausgangspunkt war die Feststellung, dass sich bereits anhand eines Vergleichs von den einzelnen Strafschärfungsgründen in zwei Strafrechtsordnungen generalisierbare Abstufungskriterien herausarbeiten lassen, deren Katalog als abgeschlossen angesehen werden kann. Es handelt sich um folgende Kriterien: Grad der Verwerflichkeit von Beweggründen, Ausmaß der Verletzung des unmittelbar geschützten Rechtsgutes, Verletzung von nicht unmittelbar geschützten Rechtsgütern, Gefährlichkeit der Ausführungshandlung für das unmittelbar angegriffene Rechtsgut und Gefährlichkeit der Ausführungshandlung für andere Rechtsgüter als das unmittelbar angegriffene. Es würde sich empfehlen, diese Kriterien im Gesetzestext entsprechend formuliert als standardisierte Strafrahmenänderungsgründe zu verwenden und bei den einzelnen Delikten durch Regel- bzw. zwingende Beispiele näher zu erläutern. Die besondere Strafwürdigkeit einer Straftat beim Vorliegen eines Regelbeispiels müsste dann stets vor dem Hintergrund des jeweils einschlägigen Strafschärfungskriteriums geprüft werden.

Dr. Slawomir Morawski

Dr. Slawomir Morawski wurde in Olsztyn (Polen) geboren. Von 1997 bis 2002 studierte er Rechtswissenschaften an der Universität Warschau. Er schloss 2005 ein Postgraduiertenstudium an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg mit dem Erwerb des „Magister Legum“ (LL.M.) ab.

In den Jahren 2007 bis 2009 war er als geprüfte wissenschaftliche Hilfskraft in der Abteilung für Deutsches und Ausländisches Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität Freiburg bei Prof. Dr. Walter Perron tätig.

Die Aufnahme in die Research School erfolgte im März 2007. Im Dezember 2009 schloss er seine Promotion ab.

Dissertationsbetreuer:
Prof. Dr. Walter Perron