Dr. Carl-Wendelin Neubert

Der Einsatz tödlicher Waffengewalt durch die deutsche auswärtige Gewalt


Status

Das Projekt ist abgeschlossen

Publikation

  • 391 Seiten; Berlin, 2016
  • ISBN: 978-3-86113-799-3
  • Preis: 41 EUR

Auszeichnung mit der Otto-Hahn-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft für hervorragend qualifizierte junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Die Arbeit untersucht den Einsatz tödlicher Waffengewalt durch Angehörige der Bundeswehr und Bundespolizei im Ausland. Der Forschungsgegenstand verdeutlicht sich insbesondere vor dem Hintergrund tödlicher Kampfhandlungen deutscher Soldaten in Afghanistan. Die Arbeit geht der Frage nach, unter welchen Voraussetzungen der Einsatz tödlicher Waffengewalt durch Angehörige der deutschen auswärtigen Gewalt rechtmäßig ist. Dabei differenziert die Untersuchung zwischen der Rechtmäßigkeit militärischer und polizeilicher Operationen der deutschen auswärtigen Gewalt einerseits und des konkreten Waffeneinsatzes andererseits, um die unterschiedlichen Bezugspunkte des anwendbaren Rechts sachgerecht abzubilden. In der Folge werden die beiden Sachfragen nach Maßgabe des Völkerrechts sowie nach Maßgabe des deutschen Verfassungsrechts untersucht.

Im Ersten Teil der Arbeit wird die Rechtmäßigkeit militärischer und polizeilicher Operationen der deutschen auswärtigen Gewalt am Maßstab des einschlägigen ius contra bellum sowie des deutschen Wehrverfassungsrechts erörtert. Vor dem Hintergrund des Forschungsstandes hält sich die Untersuchung an dieser Stelle knapp. Im 1. Kapitel verschafft die Arbeit einen Überblick über die Konturen des Gewaltverbots gem. Art. 2 (4) UN-Charta und zeigt aktuelle völkerrechtliche Entwicklungslinien auf. Im 2. Kapitel werden die Anforderungen des Verfassungsrechts an Auslandseinsätze der Bundeswehr im Verteidigungsfall und unterhalb der Schwelle des Verteidigungsfalls sowie an Auslandseinsätze der Bundespolizei dargelegt.

Im Zweiten Teil der Arbeit wird die Rechtmäßigkeit des konkreten Einsatzes tödlicher Waffengewalt durch die deutsche auswärtige Gewalt untersucht. Hier liegt der Schwerpunkt der Arbeit. Das 1. Kapitel erörtert die Frage am Maßstab der völkerrechtlichen Menschenrechte sowie des Rechts der bewaffneten Konflikte. Hier konzentriert sich die Untersuchung auf die eingehende Diskussion aktueller Streitfragen, so z.B. zur extraterritorialen Anwendbarkeit der Menschenrechtskonventionen sowie zur unmittelbaren Teilnahme an Kampfhandlungen seitens Zivilisten in bewaffneten Konflikten. Das 2. Kapitel erörtert umfassend die Rechtmäßigkeit des konkreten tödlichen Waffeneinsatzes durch die deutsche auswärtige Gewalt am Maßstab der Grundrechte. Nach Darlegung der grundsätzlichen Grundrechtsbindung der auswärtigen Gewalt geht die Arbeit der Frage nach, inwieweit die Grundrechte des Grundgesetzes die auswärtige Gewalt im gleichen Umfang binden wie die deutsche Hoheitsgewalt im Inland. Dabei untersucht die Arbeit zur Beschränkung der Grundrechtsbindung der auswärtigen Gewalt angeführte Topoi auf Grundlage der überkommenen Grundrechtsdogmatik und kommt zu dem Schluss, dass die Grundrechtsbindung der auswärtigen Gewalt in aller Regel der Grundrechtsbindung im Inlandssachverhalt entspricht. Die wichtigste Ausnahme stellen Auslandssachverhalte dar, in denen sich wesentliche Rechtsgüter einer großen Anzahl von Rechtsgutsträgern massiven Bedrohungen ausgesetzt sehen. Im Anschluss werden diese Erkenntnisse konkret auf die einschlägigen Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG und Art. 1 Abs. 1 GG angewandt. Daran anschließend wird untersucht, ob der verfassungsrechtliche Vorbehalt des Gesetzes auf das Handeln der auswärtigen Gewalt anwendbar ist und welchen Voraussetzungen er Ermächtigungen an die auswärtige Gewalt zum Einsatz tödlicher Waffengewalt unterwirft. Abschließend werden existierende Normen des Völker- und Verfassungsrechts sowie des einfachen Rechts auf ihre Eignung als Rechtsgrundlagen zum Einsatz tödlicher Waffengewalt hin untersucht. Die Arbeit kommt zu dem Ergebnis, dass eine verfassungsgemäße Ermächtigung zum Einsatz tödlicher Waffengewalt durch die deutsche auswärtige Gewalt nur in engen Grenzen existiert.

Dr. Carl-Wendelin Neubert

Carl-Wendelin Neubert wurde 1985 in Berlin geboren und legte dort im Jahre 2004 sein Abitur am Evangelischen Gymnasium zum Grauen Kloster ab. Er studierte in Freiburg und Genf als Stipendiat des Evangelischen Studienwerks Villigst, war zwischenzeitlich als studentischer Mitarbeiter am Institut für ausländisches und internationales Privatrecht (Abt. 1) der Universität Freiburg für Prof. Dr. Günter Hager tätig und schloss sein Studium 2011 mit dem Ersten Juristischen Staatsexamen in Freiburg ab.

Seit 2008 arbeitet Carl-Wendelin Neubert am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, zunächst als studentischer Mitarbeiter im Referat für Völkerstrafrecht, seit 2011 als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Sein Promotionsprojekt wurde durch die Konrad-Adenauer-Stiftung gefördert.

Im März 2013 trat er in die Research School ein, im Juli 2015 schloss er das Projekt ab.