Angélica Romero Sánchez
Ermittlungen gegen Organisierte Kriminalität
Ein Vergleich des deutschen und kolumbianischen Rechts
Forschungsgegenstand sind die Ermittlungsmaßnahmen und ihr materiell-rechtlicher Gegenstand im deutschen und kolumbianischen Recht, die sich gegen Organisierte Kriminalität (O.K.) richten. Einbezogen sind das materielle Strafrecht, das Strafprozessrecht und das Polizei- und Nachrichtendienstrecht. Ermittlungen gegen O.K. bilden einen Musterfall für die Grenzverschiebungen zwischen dem Straf-, Polizei- und Nachrichtendienstrecht im aktuellen Kontext der Weltrisikogesellschaft. Allgemein zielt O.K. als kriminalpolitisches Konzept darauf ab, staatlichen Ermittlungen gegen Kriminalität diejenigen Bereiche von Gruppenkriminalität und anderen Kriminalitätsformen mit einer Vielzahl Beteiligter und Interaktionen zu erschließen, die der Staat als besondere Herausforderung bei seiner Aufgabe einstuft, für Sicherheit in der Gesellschaft zu sorgen. Diese kriminalpolitische Zielsetzung zur O.K. hat heute weltweit Einfluss auf zahlreiche Rechtsordnungen.
Forschungsziel ist es, festzustellen, ob und wie das rechtliche Ermittlungskonzept gegen O.K. die Funktion des Strafrechts verschiebt. Darüber hinaus werden Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen Deutschland und Kolumbien bei der rechtlichen Konzeption von Ermittlungen gegen O.K. herausgestellt. Dazu wird auf deren rechtliche Systematik abgestellt, nicht aber auf deren operative Handhabung. Einbezogen ist auch der theoretische Ausgangspunkt, dass der Einsatz von Strafrecht eine Reaktion auf Taten ist – und nicht auf Gefahren. Anschließend sollen Reformvorschläge erarbeitet und Hinweise zur internationalen Rechtshilfe in Strafsachen gegen O.K. zwischen beiden Ländern entwickelt werden.
Der Ertrag der Untersuchung hat damit sowohl systematisch-theoretische wie rechtspolitische und rechtspraktische Qualität. In theoretischer Hinsicht besteht der Ertrag in einer systematischen Erkenntnis zu den Rechtsgrundlagen der Ermittlungen gegen O.K. in beiden Ländern und zu deren Konvergenz, einschließlich zur Qualität der jeweiligen strafrechtlichen Grundlagen. Rechtspolitisch und -praktisch wird ein besseres Verständnis für die Reformbedürftigkeit dieser Rechtsgrundlagen und deren Anwendbarkeit für die internationale Rechtshilfe in Strafsachen gegen O.K. zwischen Deutschland und Kolumbien erlangt.
Der Forschungsgegenstand wird auf zwei Ebenen analysiert. Zunächst wird die Systematik der Begriffe untersucht, die den materiell-rechtlichen Gegenstand von Ermittlungen gegen O.K. begründen (Systematik 1). Anschließend wird die Systematik der (strafprozessualen, polizeirechtlichen und nachrichtendienstlichen) Maßnahmen untersucht, die zur Ermittlung des so definierten Gegenstands dienen (Systematik 2). Beide ergeben zusammen ein rechtliches Ermittlungskonzept gegen O.K. Dieses wird anhand der verfassungsrechtlich garantierten Grundrechte und der systematisch-teleologischen Überlegung bewertet, dass Strafrecht eine Reaktion auf Taten – und nicht auf Gefahren – sein soll. Anschließend werden die Konzepte beider Rechtsordnungen rechtsvergleichend gegenübergestellt. Die materiell-rechtlichen Begriffe in der Systematik 1 werden anhand ihrer Merkmale und der Qualität ihrer Elemente verglichen. Vergleichsgrundlage für Systematik 2 sind die Funktion des Verfahrens, in das die entsprechenden Maßnahmen eingebettet sind, dessen grundrechtliche Bedeutung, Einsatzbereiche und Einsatzanlässe sowie die Regelungsstruktur zum Einsatz der Maßnahmen. Schließlich wird die grundrechtliche und strafrechtlich-funktionale Qualität beider Konzepte miteinander verglichen. Die Ergebnisse des Rechtsvergleichs bilden zugleich die Grundlage zur Entwicklung von Reformvorschlägen und Hinweisen für die internationale Rechtshilfe in Strafsachen gegen O.K. zwischen Deutschland und Kolumbien.
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Einordnung Forschungsprogramm
- Forschungsschwerpunkte: Funktionale Grenzen
- Relevante Rechtsordnungen: Nationales Strafrecht
- Relevante Delinquenzbereiche: Terrorismus, Organisierte Kriminalität
mail: | a.romero@mpicc.de |
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Angélica Romero Sánchez wurde in Bogotá, Kolumbien geboren. Von 1994 bis 1999 studierte sie Rechtswissenschaften an der Universidad Libre, Bogotá (Kolumbien).
Von 1999 bis 2001 arbeitete sie als Assistenzrichterin am Strafsenat des Oberlandesgerichts von Bogotá.
Zwischen 2002 und 2004 erwarb sie an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universidad de Salamanca (Spanien) das Diploma de Estudios Avanzados auf dem Gebiet des Strafrechts.
In den Jahren 2004 bis 2008 arbeitete sie als Assistenzrichterin und Berichterstatterin am Strafsenat des Oberlandesgerichts von Bogotá sowie als Einzelrichterin in Strafsachen in Bogotá.
Seit 2008 ist sie Stipendiatin des DAAD. Von 2008 bis 2010 nahm sie am Magisteraufbaustudiengang der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg i. Br. teil, den sie mit dem Titel Legum Magister (LL.M.) abschloss. Seit Februar 2011 ist sie Promotionsstudentin der Research School.
Dissertationsbetreuer:
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Ulrich Sieber