Marilena Samaritaki
Legitimation und Grenzen der Versuchs- und Vorbereitungsstrafbarkeit im deutschen und englischen Strafrecht
In der modernen Risikogesellschaft wird die strafrechtliche Verantwortlichkeit weltweit zeitlich vorverlagert. Immer frühere Phasen der Verwirklichung eines deliktischen Willens werden aus dem gesamten Handlungsgesche-hen herausgelöst und zu strafbarem Verhalten erklärt. Dadurch wird v.a. der möglichst frühzeitige Einsatz der Strafverfolgungsbehörden bezweckt, sodass Gefahren effektiv beseitigt werden können. Dieses Problem der funktionalen Grenzen des Strafrechts zeigt sich insbesondere in Gestalt von strafbaren Vorbereitungshandlungen. Dabei handelt es sich meistens um die Planung eines Delikts, welche sich in bislang als sozialadäquat betrachteten Handlungen manifestiert hat. So wurden aufgrund internationaler Vorgaben in vielen nationalen Rechtsordnungen verschiedene Handlungsweisen im Vorfeld eines Terroranschlags unter Strafe gestellt, wenn sie in der Absicht erfolgten, Terrorakte zu begehen. Fraglich bleibt allerdings, ob und inwieweit durch derartige Handlungen strafbares Unrecht begründet wird.
Gegenstand des Dissertationsprojekts ist die Bestimmung der unrechtsbegründenden Mo-mente von Vorbereitungshandlungen – insbe-sondere vor der Durchführung terroristischer Angriffe – im deutschen und englischen Straf-recht. Als Bezugspunkt dient dabei der straf-bare Versuch, eine präventiv orientierte Figur des Allgemeinen Teils des Strafrechts. Ziel ist es, die Kriterien zur Begründung strafbaren Unrechts bei Versuchs- und Vorbereitungs-handlungen in beiden Rechtsordnungen zu identifizieren und bewertend gegenüberzustellen. Dadurch werden sowohl Besonderheiten der nationalen Rechtssysteme als auch ein in rechtsstaatlicher Hinsicht unverzichtbarer „Mindestunrechtsgehalt“ für das Verhalten des Einzeltäters aufgezeigt. Die Untersuchung erfolgt im Wege der funktionalen Rechtsvergleichung. Mit Blick auf die Staats- und Rechtstheorie werden zunächst die Kernelemente der Aufgabenbestimmung des Strafrechts sowie die Kriterien zur Begrün-dung strafbaren Unrechts für jede der beiden Rechtsordnungen gesondert herausgearbeitet. Daraus ergeben sich die Maßstäbe für den eigentlichen Rechtsvergleich. Auf dieser Basis wird dann die Begründung strafbaren Unrechts bei Versuchs- und Vorbereitungshandlungen in der deutschen und englischen Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur analysiert. Insbesondere die Erörterung der allgemeinen dogmatischen Frage der Abgrenzung zwischen Versuch und Vorbereitung sowie die Bezugnahme auf civil law- und common law-Rechtssysteme dürften zu aufschlussreichen Ergebnissen bezüglich der rechtsstaatlichen und insbesondere freiheitlichen Mindestanforderungen an die Erfüllung der staatlichen Aufgabe der Gewährleistung von Sicherheit führen.
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Einordnung Forschungsprogramm
- Forschungsschwerpunkte: Funktionale Grenzen
mail: | m.samaritaki@mpicc.de |
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tel: | +49 (761) 7081-0 |
Marilena Samaritaki wurde 1990 auf Kreta in Griechenland geboren. Von 2007 bis 2011 studierte sie Rechtswissenschaften an der Nationalen und Kapodistrias Universität Athen. Während ihres Studiums erhielt sie Stipendien von der griechischen Stiftung staatlicher Stipendien (I.K.Y.) sowie einen Preis von der Petros-Rallis-Stiftung. Mit Abschluss ihres Studiums wurde sie zudem vom I.K.Y. als Jura-Absolventin mit der besten Durchschnittsnote ausgezeichnet.
Von 2013 bis 2016 nahm Marilena Samaritaki am LL.M.-Programm der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg teil. Während ihres LL.M.-Studiums erhielt sie ein Stipendium von der Alexander-Onassis Stiftung. Von Mai 2016 bis Juli 2016 war Marilena Samaritaki als studentische Hilfskraft bei Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Ulrich Sieber am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht tätig.
Die Aufnahme in die Research School erfolgte im Oktober 2016.
Dissertationsbetreuer:
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Ulrich Sieber