Dr. Zunyou Zhou
Terrorismusbekämpfung im Spannungsfeld von Sicherheit und Freiheit in Deutschland und China
Status
Das Projekt ist abgeschlossen
Die Anschläge vom 11. September 2001 werden von vielen als Wendepunkt in der Geschichte des Strafrechts angesehen. Die Vereinigten Staaten, die allgemein als führende Macht in der freien Welt gelten, haben deutlich auf die terroristische Gefahr reagiert und repressive Maßnahmen ergriffen. Andere Länder haben ähnliche Maßnahmen zur Stärkung der öffentlichen Sicherheit und Beschränkung individueller Freiheiten angewandt. Vor diesem Hintergrund haben auch die deutschen Terrorismusbekämpfungsgesetze erhebliche Kontroversen ausgelöst. Als China die repressiven Maßnahmen zur Bekämpfung des nationalen Terrorismus verschärfte, wurde der Vorwurf von Menschenrechtsverletzungen erhoben.
Aus der Perspektive des Menschenrechtsschutzes umfasst der Forschungsgegenstand die deutsche und chinesische Terrorismusbekämpfungsgesetzgebung (einschließlich der ergangenen Gesetze, Anordnungen, Maßnahmen und Richtlinien) sowie deren Durchsetzung. Schwerpunktmäßig werden die Entstehung, Begründung und Kontroversen dieser Gesetzgebung analysiert. Die Dissertation sollte klären, inwieweit Deutschland und China ihren Bürgern in diesem Zusammenhang einen ausreichenden Menschenrechtsschutz gewährleisten. Darüber hinaus wurden neue Perspektiven zur Verbesserung der geltenden deutschen Terrorismusbekämpfungsgesetze sowie ein Formulierungsvorschlag für das erste chinesische Terrorismusbekämpfungsgesetzbuch erarbeitet. Die Methodologie umfasst eine normative und vergleichende Analyse der Terrorismusbekämpfungsgesetze beider Staaten. Die einschlägige wissenschaftliche Fachliteratur wurde ebenfalls ausgewertet.
Die Untersuchung wird in drei Schritten durchgeführt. In einem ersten Schritt werden die historische Entwicklung des Terrorismus und die entsprechenden gesetzlichen Maßnahmen in Deutschland und China in zwei Landesberichten analysiert. Die Analyse stellt darauf ab, wie deutsche und chinesische Anti-Terror-Gesetze geschaffen („law in theory“) und in der Praxis im Hinblick auf Menschenrechtsschutz umgesetzt werden („law in action“). In einem zweiten Schritt erfolgt eine rechtsvergleichende Analyse der wesentlichen Anti-Terror-Vorschriften unter besonderer Berücksichtigung ihrer verfassungsrechtlichen Grundlagen. Anhand des Grundrechtsschutzes (Achtung der Menschenwürde, Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, Freiheit der Person, faires Verfahren und Privatsphäre) und der allgemeinen verfassungsrechtlichen Prinzipien (Rechtsstaat, Gesetzesvorrang, Gesetzesbestimmtheit, Gesetzesvorbehalt, Proportionalitätsgrundsatz, Gewaltenteilung, Föderalismus, richterliche Unabhängigkeit und Verfassungskontrolle) werden diese Grundlagen aus zwei Perspektiven untersucht. Auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse werden in einem dritten Schritt die verschiedenen gesellschaftlichen Werte und Lebensumstände aufgezeigt, die für den unterschiedlichen Ausgleich von Sicherheit und Freiheit in Deutschland und China prägend sind.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit in der deutschen Terrorismusbekämpfungsgesetzgebung zunehmend zugunsten der Sicherheit verschoben hat. Zwar sind die meisten Gesetze mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen, die den Schutz der Grundrechte garantieren, vereinbar, einige werfen jedoch andere bedeutsame verfassungsrechtliche Fragen auf. Im Vergleich dazu stehen Terrorverdächtige in China einem repressiven und harten Strafjustizsystem gegenüber. Obwohl China bei der Terrorismusbekämpfung ein weiter gesetzlicher Spielraum zur Verfügung steht, weist das geltende Rechtssystem des Landes, dessen Grenzen in der Rechtspraxis häufig überschritten werden, im Hinblick auf den Menschenrechtsschutz zahlreiche Schwachstellen auf.
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Einordnung Forschungsprogramm
- Forschungsschwerpunkte: Universale Strafrechtsvergleichung
- Relevante Rechtsordnungen: Nationales Strafrecht, Internationales Strafrecht
- Relevante Delinquenzbereiche: Terrorismus, Organisierte Kriminalität
- Das Projekt ist abgeschlossen.
- Bei Fragen zum Projekt oder zu Dr. Zunyou Zhou wenden Sie sich bitte per Email an uns.
Dr. Zunyou Zhou wurde in der Provinz Anhui, China, geboren. Von 1994 bis 1996 studierte er Englisch an der Pädagogischen Hochschule Anhui in Hefei. Er schloss sein rechtswissenschaftliches Magisterstudium 1999 mit dem Erwerb des Titels „Magister Legum“ (LL.M.) an der Renmin Universität Chinas in Peking ab.
Im Anschluss studierte Zunyou Zhou ein Jahr Europarecht an der Universität Salzburg in Österreich und ab September 2005 bis Juni 2006 Strafrecht im Rahmen eines Doktorprogramms der Macao-Universität für Wissenschaft und Technologie, China. Er wechselte mit einem DAAD-Promotionsstipendium im Oktober 2006 an das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht.
Die Aufnahme in die Research School erfolgte im März 2007, im Mai 2012 der Abschluss des Promotionsprojekts.
Dissertationsbetreuer:
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Ulrich Sieber